Rezension "Münsterländische Volkszeitung"
vom 22. Februar 2019
Donnerstag, 21. Februar 2019
20.00 Uhr
Im Rahmen der Konzertreihe
"Musikerlebnis Bagno - Falkenhof"
Falkenhof-Museum
Tiefe Str. 22 | 48431 Rheine
Programm:
Schubert: Quartettsatz c-Moll D703
Schumann: Quartett A-Dur op. 41/3
Dvorak: "Amerikanisches" Quartett F-Dur op. 96
Das Alando-Quartett spielte drei Streichquartette des 19. Jahrhunderts (v.l.): Burkhard Schmidt, Constantin Hilgert, Marlies Eckelt und Tobias Köhler. Foto: Ingmar Winter
"Alando-Quartett" eröffnete den Konzertring im Morriensaal
Rheine. Mit seinem ersten klassischen Konzert ist der städtische Kulturring am Donnerstag im Falkenhof in die neue Saison gestartet. Die Violinisten Burkhard Schmidt und Constantin Hilgert, die Bratschistin Marlies Eckelt und der Cellist Tobias Köhler sind das „Alando“-Quartett, das drei Streichquartette aus dem 19. Jahrhundert in ihr Programm genommen hatte.
Die ausgewählten Musikstücke erhoben sich aus der Vielzahl der Streichquartette dieser Musikepoche durch je einen besonderen Aspekt, der diesem Konzertabend einen hohen Anspruch dem Quartett abverlangte, aber für das Publikum einen außergewöhnlichen Reiz hatte. Um die musikalischen Besonderheiten allen im vollbesetzten Saal zu vermitteln, hatte Tobias Köhler als Moderator die notwendigen Höraspekte gegeben.
Eine unheimliche Stimmung
Das erste Musikbeispiel war das „Streichquartett Nr. 12 in c-Moll“ von Franz Schubert, das nur aus dem Satz „Allegro assai“ besteht. Es ist ein Fragment, das stilistisch in keiner Beziehung zu anderen zeitgenössischen oder eigenen Quartetten steht. Der flirrende Beginn schaffte mit seinen Tremolo-Bewegungen eine unheimliche Stimmung, die immer wieder kurz von einer lieblichen Melodie unterbrochen wurde. Der rasche Wechsel von Entspannung und Dramatik, von Ruhe und Bedrohung erforderte eine virtuose Spieltechnik aller Streicher.
Es gibt vielfältige anekdotenhafte Begründungen, warum Schubert hier ein Fragment, acht Jahre vor seinem Tod, hinterlassen hat, von denen Tobias Köhler die Version eines „Traumas“ des Komponisten erzählte. Doch der Zuhörer konnte heraushören, dass dieser Quartettsatz ein „objektives Fragment“ ist, das alle möglichen Sätze in sich vereint, und somit das Quartett als „abgeschlossen“ gelten und wirken kann – ein begonnenes „Andante“ musste deswegen scheitern!
Anders das „Streichquartett A-Dur op. 41/3“ von Robert Schumann, das seine Besonderheit dadurch erhält, dass es im Manuskript als 3. Quartett zum 23. Geburtstag seiner Frau Clara 1842 vorlag. Es ist besonders reichhaltig mit Vorspiel und Einleitung, mit Themen und Verarbeitungen ausgestattet, sodass die Aufführungszeit eine halbe Stunde betrug.
Der 1. Satz („Andante expressivo“) bot keine langen Melodienzüge, aber kurze Phasen, in Harmonien und Dynamik ausdrucksbetont, sie bestimmten den Eindruck. Der 2. Satz überraschte durch eigenwillige Rhythmisierungen und große Eigenständigkeit der Instrumente (virtuoses Thema im Cello) und mit einem stürmischen Finale. Ein ausdrucksvoller Gegensatz war das „Adagio molto“, und ruhige, romanzenhafte Ausdrucksformen gaben den bestimmenden Ausdruck. Dann der gloriose Schlusssatz, das „Finale“ in Rondoform: Nach einem heiteren Start folgte ein tänzerischer Teil, der mit seiner Takt-Betonung ins Dörfliche ging und mit übermütigen Sequenzen im strahlenden A-Dur endete.
Das dritte Musikbeispiel war das Streichquartett F-Dur op. 96 von Antonin Dvořák, das „Amerikanische Quartett“. Am Ende des 19. Jahrhunderts entstanden, vermengt es Melodien voll Sehnsucht nach der tschechischen Heimat mit Pentatonik und synkopierter Rhythmik einer „Neuen Welt“. In Spillville im Bundesstaat Iowa bei einer tschechischstämmigen Minderheit komponiert, entstand ein Quartett, das den Übergang der Spätromantik in die neue Zeit der Kammermusik markiert. Erwähnenswert einmal der „Lento“-Satz, in dem über einem Sechsachteltakt eine wunderschöne Melodie lag, zum andern der 3. Satz („Molto vivace“), in dem in hohen Lagen der Violine Vogelgezwitscher zu hören war. „In der Violine wird es tirilieren, in meinem Cello klingt es eher nach Truthahn“ (Tobias Köhler zum Publikum).
Es war ein großartiges Konzert von drei Streichquartetten, aus denen die erwähnten Besonderheiten hervorstachen, alle jedoch orientiert an der klassisch überlieferten Form. Dieses Gedenken brachte mit einem Satz aus dem Streichquartett D-Dur op. 44 von Felix Mendelssohn Bartholdy die Zugabe.
(Ingmar Winter, Münsterländische Volkszeitung Rheine vom 22. Februar 2019)