Sonntag, 27. Oktober 2024
16.30 Uhr
St. Johannes-Kirche Greffen
Johannesplatz 6 | 33428 Harsewinkel-Greffen
Das Alando-Quartett brillierte mit Musik von Mozart und Brahms in der St.-Johannes-Kirche
Harsewinkel-Greffen. Eine treue Fangemeinde klassischer Musik hat sich am Sonntag in der St.-Johannes-Kirche eingefunden, um die "geschenkte" Stunde am Wochenende der Zeitumstellung zum Innehalten und Genießen zu nutzen. Zum zweiten Mal gastierte das Alando-Quartett aus Münster auf Einladung der Pfarrei St. Lucia und der Stadt in Harsewinkel.
Im vergangenen Jahr hatte das Ensemble in der Marienfelder Abteikirche mit einer gelungenen Premiere sein Auditorium begeistert. Jetzt standen erneut zwei Streichquartette auf dem Programm, die kontrastreicher nicht klingen könnten: Das Streichquartett G-Dur KV 387 "Haydn-Quartett" Nr. 1 von Wolfang Amadeus Mozart (1756-1791) und das Streichquartett a-Moll op. 51 Nr. 2 von Johannes Brahms (1833-1897).
Heiter und gelöst, melodisch und schwungvoll kommt der erste Satz "Allegro vivace assai" in Mozarts "Haydn-Quartett" daher. Das viersätzige Werk in G-Dur bildet den Auftakt von sechs Streichquartetten, die Mozart seinem verehrten väterlichen Komponistenfreund Joseph Haydn gewidmet hat. "Berühmter Mann und mein teuerster Freund, nimm hier meine Kinder. Sie sind wahrhaftig die Frucht einer langen und mühevollen Arbeit."
Die mühsame kompositorische Detailarbeit ist dem Werk freilich nicht anzuhören. Eine musikalische Frühlingsbrise umweht das Auditorium. Im Tanzrhythmus umspielen sich die Streicher. Vollkommen unbeschwert ist die Stimmung jedoch nicht. Die erste Violine setzt Zwischentöne, die zur Entstehungszeit des Werkes als unerhört gegolten haben mögen. Im "Menuetto Allegro" bilden absteigende gebrochene Dreiklänge und aufstrebende chromatische Linien ein Spannungsfeld. Die höfisch-galante Aura früherer Menuette ist hier, wenn überhaupt, nur noch in Spurenelementen zu vernehmen. Wunderbar feierliche Klänge im "Andante cantabile" lassen etwas Ruhe aufkommen, um im vierten Satz "Molto allegro" von einem anfänglichen Fugenthema in eine temperamentvolle Tanzmelodie à la Opera buffa zu münden. Mozart wechselt freimütig von einem Extrem ins andere. Und das Alando-Quartett läuft zur Hochform auf.
Maßvoll fröhlich ist der erste Satz in Brahms' "Allegro ma non troppo". Elegisch-lyrische, ineinander verschlungene Melodie-Linien wecken Assoziationen an Herbsttage mit fallenden Blättern und tiefhängenden Wolken. Die erste Violine fegt frische Windböen jäh um die Ohren. Technisch seien sie "enorm schwer und auch sonst nicht leichten Gehaltes", sagte einst der Wiener Chirurg Theodor Billroth über die beiden Streichquartette op. 51 seines Freundes Brahms.
Was Mozart lange und mühevolle Arbeit kostete, war Brahms nur durch eine "Zangengeburt" abzuringen, nachdem er bereits mehr als 20 Quartette komponiert und wieder verworfen hatte. Billroth, leidenschaftlicher Kammermusikfreund und Brahms' Berater in ästhetischen Fragen, hatte als "Geburtshelfer" gewirkt. Ihm sind die Streichquartette gewidmet. Großartige melancholische Kompositionen, mit denen es Brahms gelungen ist, aus dem Schatten seiner klassischen Vorbilder herauszutreten.
Das Alando-Quartett meistert auch die drei motivisch sehr komplexen Sätze "Andante moderato", "Quasi Minuetto, moderato - Allegro vivace - Tempo I" und "Finale. Allegro non assai" mit Bravour. Warmer, wohlwollender Applaus folgt auf dem Fuße. Mit einem spritzig-knappen Divertimento in F-Dur setzte das Ensemble nach dem schweren Bahms ein leichtes Sahnehäubchen von Mozart obendrauf.
(Klaudia Kretschmer, Neue Westfälische vom 29. Oktober 2024)